Wir wissen es: Der Alphabet Konzern bietet eine Reihe praktischer Dienste an, die unser Leben im Internet vereinfachen. Mit der Nutzung von Youtube, der Google Suche oder Gmail hinterlassen wir Datenspuren. Damit werden einerseits Suchergebnisse optimiert, aber vor allem zielgerichtet Werbeeinschaltungen platziert. Es gibt aber auch einige Ausnahmen. Dazu zählt die Bereitstellung von mehr als 1000 Schriftarten in einem eigenen CDN - und hier werden laut eigenen Angaben IP-Adressen nicht mitgetrackt, um Profile von Nutzer:innen zu optimieren.
Ein Content Delivery Network ist ein weltumspannendes Netz an Servern, die Inhalte mit möglichst wenig Verzögerung ausliefern. Nachdem fast in jeder Webseite spezielle Schriften vorkommen, nehmen Webentwickler diesen Service gerne in Anspruch. Weil Fonts relativ grosse Dateien sind, kommt es hier auf jede Millisekunde drauf an, dass der Seitenaufbau nicht allzu lange dauert.
Nachdem die fairkom Kunden und Besucher vor allem im deutschsprachigen Raum sind, haben wir in den letzten Jahren auf dem heu11 Server ein eigenes Schriften-Repository aufgebaut, und binden dieses in unsere Webdienste ein. Damit umgehen wir auch Anfragen an fremde Server, die ausserhalb der EU stehen.
Tatsächlich hat jedoch ein Kunde von uns nun auch einen Abmahnbrief erhalten. Er hatte eine Wordpress Seite, die nicht wir gemacht hatten, zu uns migriert. Dass in einem Theme auch Google Fonts eingebunden waren haben wir rasch korrigieren können, indem wir ein Script bauten, mit dem wir alle Fonts holen und nun lokal ausliefern. Arbeit hatten wir in den letzten Tagen vor allem mit der Formulierung von Klarstellungen und Recherchen, wie zu reagieren ist.
Über die Abmahnwelle haben zahlreiche Medien berichtet, zum Beispiel derStandard, der ORF zeigte in der ZIB2 sogar ein Interview mit dem jungen Anwalt Marcus Hohenecker, der offenbar mehr als 50.000 Briefe an Betreiber österreichischer Webseiten versendete. Das haben auch schon seine Kollegen in Deutschland gemacht, die sich auch auf eine Entscheidung des Landgerichts Münchens I (Az. 3 O 17493/20) berufen, das die dynamische Einbindung von Google Fonts einen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beurteilt.
Die WKO rät, zumindest auf das Auskunftsbegehren zu reagieren. Dies kann unserer Einschätzung nach mit einer "Negativauskunft" beantwortet werden. Denn auch wenn Google Fonts in einer Webseite eingebunden sind, trackt Google nicht die IP Adresse mit. Wir haben dies nun in deren Policy gefunden: "IP addresses are not logged." Damit ist die Behauptung des Abmahners, es hätte eine Weitergabe personenbezogener Daten stattgefunden, schwer haltbar.
Ein Auszug aus dem Quellcode der Webseite beweist weiters nicht, dass tatsächlich eine Abfrage bei einem fremden Server gemacht wird. Sofern sich ein Theme einer Webseite nicht umstellen lässt, kann man auf Ebene des Webservers per Alias Abfragen zu Google Fonts abfangen und weiter leiten auf einen eigenen Server, auf dem die Fonts DSGVO-konform bei uns abgelegt sind.
Ein Salzburger Rechtsanwalt, bei dem offenbar viele Anfragen zu dem Thema eingegangen sind, hat nun seinerseits eine Anzeige gegen den Verfasser der Abmahn - Serienbriefe verfasst. Es liegt Betrugs- oder Erpressungsverdacht vor, denn die Briefe wurden offenbar automatisiert erstellt und die einzige Nutzerin, die in allen Briefen vorkommt, wird vermutlich nicht alle 50.000 Webseiten selbst besucht haben. Wir sind gespannt auf die Erkenntnisse des Gerichts und das Vorgehen der Rechtsanwaltskammer, die diesen Fall wohl auch prüfen wird.
Bunny Fonts sind eine europäische Alternative. Deren CDN wird von Bunny Net mit Sitz in Slowenien betrieben. Der Apache Web Server kann mit dem mod_substitute Modul dazu angehalten werden, die Google Fonts "on-the-fly" auszutauschen. Dazu in die .htaccess eintragen:
<IfModule mod_substitute.c> AddOutputFilterByType SUBSTITUTE text/html Substitute "s/fonts.googleapis.com/fonts.bunny.net/ni" </IfModule>
Das verlangsamt etwas das Ausliefern von Inhalten, aber es ist keinerlei Eingriff in den Code der Webseite nötig ist.